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Kommissar Überehrgeizig

By 9. August 2013Allgemein

In einem lokal nicht ganz unspektakulären Verfahrens wegen eines Raubüberfalls verteidige ich einen von mehreren Beschuldigten. Allesamt junge Kerle, die gerade dem Jugendstrafrecht erwachsen sind. Alle Beschuldigten schwiegen zu den Vorwürfen, auch mein Mandant. Federführend für die Ermittlungen ist ein Kommissar, der etwas überehrgeizig an sein Werk geht. Jeder Beschuldigter hat seit seiner Inhaftierung einen Verteidiger. Dennoch lässt der Kripomann nichts unversucht, die Beschuldigten zu Geständnissen zu überreden – selbstverständlich ohne die jeweiligen Verteidiger. So nutzt er nicht nur die Besuchsüberwachungen anlässlich der Besuche von Familienangehörigen bei den Inhaftierten, die er persönlich vornimmt, zu informellen Verhören. Mandant und Angehörige berichten mir, dass rund 80% dieser wertvollen, weil seltenen Besuchzeit dadurch verplempert wird, dass der Beamte auf den Mandanten einredet und ihn zu einem Geständnis überreden will. Das sei doch nur gut für ihn. Aber er besucht ihn auch so – unangekündigt und ohne jede Information des Verteidigers – in der Haft. Schon mehrfach. Er solle doch gestehen, das sei doch nur gut für ihn. Die anderen werden sicher auch gestehen.

Solch ein Verhalten ist mir in dieser Form noch nicht untergekommen. Klar, es kommt schon vereinzelt zu Versuchen der Polizei, in denen „zufällige“ Begegnungen mit den Beschuldigten, etwa bei Transporten oder eben Besuchsüberwachungen gezielt dazu genutzt werden, den Verteidiger schlecht zu machen und/oder mit der Rolle des „Kumpeltyps“ zu erreichen, dass das Schweigen aufgegeben wird. Unanständig genug. Aber mehrere Besuche ohne jegliche Information der Verteidigung bei jungen Beschuldigten, die in jeder Hinsicht form- und beeinflussbar sind? Der Mandant hat sich bislang zum Glück diesem Druck nicht gebeugt. Wie ich mit dem Verhalten des Beamten umgehen werde, muss ich noch reiflich überlegen. Stehen lassen will und kann ich dies nicht. Schauen wir mal.