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Briefbomben für den Staatsanwalt

By 15. Oktober 2012Allgemein

Als Anwalt steht man ja prinzipiell mit einem Bein selber im Knast. Erst recht als Verteidiger. So ist Strafvereitelung bekanntlich strafbar (§ 258 StGB) und wie könnte man den Beruf des Verteidigers anders umschreiben, als professioneller Strafvereiteler zu sein.

Aber man kann sich auch auf eher ungewöhnliche Art der Gefahr einer Selbstverhaftung zuführen: Da verteidigte ich einen Menschen in einem Verfahren wegen etwaigen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz (§ 40 SprengG). Sein Vergehen: Er hat sich im Internet einen Haufen Feuerwerkskörper bestellt und auch geliefert bekommen. Auf der Webseite war zu lesen, dass die Teile angeblich genehmigungsfrei wären. Waren und sind sie aber nicht. Was eigentlich auch sehr nahe lag. In einschlägigen Foren wurde davon berichtet, dass die Kunden dieses Unternehmens ungebetenen Besuch von uniformierten Truppen zwecks Hausdurchsuchung bekommen und dieses Übel galt es zu vermeiden. Wir erstatteten daraufhin eine Selbstanzeige und erfreulicherweise wurde das Verfahren dann auch nach einiger Zeit auflagenlos eingestellt. Ich teilte in dem Verfahren mit, dass der Mandant auf das Eigentum an den Knalldingern verzichte und diese der Staatsanwaltschaft übereignen würde. Nun brachte er die Kiste allerdings zu mir. Darauf war jedoch guter Rat teuer: Einerseits kommt es eher weniger gut, wenn ich der Staatsanwaltschaft ein Paket mit Sprengstoff schicke. Auch wenn einem manchmal danach ist. Andererseits will man das Zeug auch so schnell wie möglich loswerden. Also mit der Staatsanwaltschaft telefoniert und ausgemacht, dass ich das explosive Zeugs bei der Polizei abgebe.

Nach einem langen Arbeitstag ging es somit mit einer explosiven Ladung zur Polizei. Nach dem Klingeln und dem Einlass in den unwirtlichen Vorraum der örtlichen Polizeiwache kündigte ich dem diensthabenden Spätschichtler an, dass ich hier einen Haufen Sprengstoff für ihn hätte. Der sei für ihn zur Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft. Irgendwie konnte man Angst im Gesicht bemerken. Der Herr verliess kurz angebunden sein Wachtzimmer und ich bemerkte, dass die Tür hinter mir von mir selbst nicht mehr geöffnet werden könnte. Bei der Staatsanwaltschaft ist nach 18 Uhr wohl auch niemand mehr zu erreichen, um meine fadenscheinige Behauptung, es sei mit der Staatsanwaltschaft abgemacht, den Sprengstoff bei der Polizei zwischenzulagern, zu verifizieren. Zu Zweit kam man zu mir zurück und wollte die ganze Geschichte hören. In weiser Voraussicht hatte ich die Akte mal mitgenommen, um den Schriftverkehr einigermaßen nachvollziehbar machen zu können. Mit einem mulmigen Gefühl und der erst noch eingeholten Stellungnahme des Supervorgesetzten durfte ich dann gehen und die Kiste blieb da, wo sie hingehört.

Nochmal gut gegangen…