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Das Fleisch ist schwach

By 2. Februar 2012Allgemein

Junkies verteidigt man in der Praxis relativ häufig. Solange die Krankheit „Suchtmittelabhängigkeit“ nicht erfolgreich therapiert ist, kommt es fast schon naturgemäß häufig zu Fällen sogenannter Beschaffungskriminalität. Nun gibt das Gesetz im § 35 BtMG relativ großzügig die Möglichkeit, sich statt der Strafe therapieren zu lassen, indem unter gewissen Voraussetzungen die Therapiezeit auf die eigentlich zu verbüßende Haftzeit angerechnet und der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Eine grundsätzlich durchaus sinnvolle Lösung, sieht man mal von dramatischen Mittelkürzungen im Bereich der Drogenhilfe (zumindest in NRW) ab.

Nun hatte ich einen Mandanten, der sich bereits in bis dahin erfolgreicher Therapie befand. Zunächst hat er die klinische Entgiftung überstanden und war schon in der (stationären) Therapieeinrichtung. Er stand kurz vor dem Übergang zur Nachsorge (Adaption). Trotzdem hat er noch drei offene Verfahren wegen kleinerer Ladendiebstähle (immer Kaffee oder Rasierklingen oder ähnliches, was auf Flohmärkten gut geht…) vor drei verschiedenen Gerichten. Ich rede mit Engelszungen auf die Gerichte ein, dass man doch bitte nicht die Therapie für die Verhandlungen unterbrechen soll. Vorschlag: Bitte abwarten, ob die Therapie inklusive Nachsorge gut verläuft und dann mit Blick auf das dann hoffentlich drogenfreie Leben Bewährungsstrafen vergeben. Ein Gericht hat meinen Vorschlag aufgegriffen. Ein weiteres hat das Verfahren eingestellt. Das dritte bestand auf Verhandlung. Keine Widerrede. Der Mandant hat aus der Therapie zu kommen.

Nun, das tat er dann auch, wurde zu einer kleinen Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt und tauchte anschließend nicht mehr in der Therapieeinrichtung auf. Seitdem ist er quasi verschwunden.

Inzwischen fand die Verhandlung bei dem Gericht statt, das auf uns gehört hat, natürlich ohne den Mandanten; diesem Richter konnte ich nur sagen, dass wenn alle Richter mit seinem Fingerspitzengefühl agiert hätten, gäbe es einen Hoffnungsschimmer mehr. So hat es ein armes Schwein weiterhin nicht geschafft.