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Allein, allein

By 25. Januar 2012Allgemein

Viele junge Kolleginnen und Kollegen starten in den Anwaltsberuf, indem sie sich nach bestandenem Examen ein Kanzleischild vor ihre Wohnung hängen und dann auf Kundschaft warten. Das hat neben anderem den Nachteil, sich wenig mit anderen KollegInnen, gleich ob erfahren oder auch Berufsanfänger, austauschen zu können. So können einige Dinge böse ins Auge gehen.

So auch bei einem befreundeten Kollegen, der mir folgendes erzählte: Eines Tages verirrte sich ein Mandant in seine Wohnung Kanzlei. Ein Mordsfall. Es ging um eine nicht bezahlte Rechnung über 150€. Der Kollege nahm es sportlich und legte sich mächtig ins Zeug. Er schrieb mehrere böse Briefe an den Gegner, die allesamt ohne Reaktion blieben. Der Mandant wollte nun härtere Bandagen auffahren und der Kollege kündigte den Weg zum Gericht an. Wenige Tage später stand der Mandant mit hochrotem Kopf empört im Flur in der Lobby. „Stellen Sie sich vor„, hieß es, „was der Gegner gemacht hat. Jetzt verklagt ER MICH.“ – „Gibt’s nicht„, konterte der Kollege. „Doch. Und wissen Sie, was die Härte ist? Er behauptet, Sie wären jetzt sein Anwalt!

Dem Kollegen schwante nun, was ihm passiert war. Er hatte ein Mahnbescheidformular (damals noch ein schriftliches) ausgefüllt und dabei Antragsteller mit Antragsgegner verwechselt. So hat er einen Mahnbescheid im Namen des Gegners gegen den eigenen Mandanten beantragt und der wurde natürlich auch zugestellt. Dem Mandanten. Vom Gericht.

Der Kollege konnte die Situation noch retten, indem er sich nun auch aufplusterte und Zeter und Mordio gegen das Gericht schrie – das sei eine Unverschämtheit und er werde denen und dem Gegner schon zeigen, wo der Hammer hängt. Sprachs, nahm flugs den Mahnbescheid gegen seinen eigenen Mandanten  zurück und kaufte sich ein neues Formular…