Skip to main content

Bewusste Prozessverschleppung – durch das Gericht

By 13. Oktober 2011Allgemein

Der Mandant sitzt seit etwa einem Jahr ein und hat mich in einem kleineren, neuen Verfahren gegen ihn beauftragt. Nichts wildes, es droht nur Geldstrafe (Einspruch gegen Strafbefehl). Da er aber in Strafhaft sitzt, müsste ich eigentlich zum Pflichtverteidiger beigeordnet werden, da die 3-Monats-Frist erreicht ist (§ 140 I Nr. 5 StPO). Wenn jemand drei Monate inhaftiert ist, hat er darauf Anspruch, dass er einen Pflichtverteidiger gestellt bekommt -weil es eben von drinnen recht schwierig ist, alles zu managen- und dieser Pflichtverteidiger soll nach dem Willen des Mandanten ich sein. Nun steht in der Vorschrift auch, dass die Beiordnung nicht erfolgt, wenn der Betroffene zwei Wochen vor der Hauptverhandlung wieder entlassen worden ist.

Jetzt habe ich schon mindestens viermal daran erinnert, mich endlich beizuordnen. Auch die Verhandlung hätte längst über die Bühne gehen können. Das offene Verfahren ist zudem ein Hemmschuh für den Mandanten bei der Frage von Lockerungen im Knast.

Aber der Richter entscheidet nicht. Nun habe ich nochmal in deutlichen Worten die Entscheidung verlangt und siehe da – er will es aussitzen. Es sei damit zu rechnen, schreibt er mir, dass die noch immer nicht terminierte Hauptverhandlung erst stattfindet, wenn der Mandant entlassen wird. Entlassung ist tatsächlich vielleicht im Dezember. Und dann kommt, da der Mandant noch unter 21 ist, laut Richter dann eine Verweisung zum Heimatgericht in Betracht.

Kurzum:

  1. Er verzögert bewusst das Verfahren.
  2. Er verweigert dem Mandanten bewusst den zustehenden Pflichtverteidiger.
  3. Er will sich vor der Hauptverhandlung bewusst drücken.

Ich habe jetzt mal Untätigkeitsbeschwerde eingelegt. Wenn der Mandant tatsächlich entlassen wird, kann (muss nicht) eine Beiordnung immer noch rückgängig gemacht werden. Verteidigung ist aber eben nicht nur die Verteidigung in der Hauptverhandlung, sondern auch die Beratung davor. Diese bewusste Prozessverschleppung seitens des Gerichts, mit der der Richter sich noch rühmt, ist jedoch wieder so ein schwer fassbares Unding.