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Richters Liebling

By 21. September 2011Allgemein

Wenn man schlau ist, dann sucht man sich seinen Pflichtverteidiger selber aus und wartet nicht einfach darauf, dass der Richter sich stattdessen einen aussucht. Das geht in den meisten Fällen nach hinten los, denn was daraus wird, wenn ein Richter sich seinen eigenen Gegner selber aussuchen kann, liegt ja auf der Hand und scheint sich nur leider noch nicht bis zum Gesetzgeber herumgesprochen zu haben.

Manchmal tun Richter aber auch vieles dafür, den Wunsch der Mandanten zu vereiteln. So habe ich nun einen Aktenvermerk vorliegen, wonach sich während meines Urlaubs folgendes, allerdings unbestätigtes abgespielt haben soll: Ein Jugendlicher wird verhaftet und erhält dadurch einen sofortigen Anspruch auf Beiordnung eines Plichtverteidigers. Auf die Frage an ihn und seine Mutter soll der Wunsch ausgesprochen worden sein, dass meine Wenigkeit beigeordnet werden solle. Davon habe der Richter aber abgeraten („der kann nix“ oder sinngemäß) und soll einen anderen empfohlen und angedient haben. Einen Stamm-Pflichtverteidiger. Der ist es dann auch geworden. Die Mutter kam daraufhin -ich war im Urlaub- zu meinem Kollegen und berichtete dies, ward seitdem aber leider nicht mehr gesehen. Sehr schade, dieser Sache würde ich gerne auf den Grund gehen. Aber bevor ich mir nicht selbst ein Bild davon gemacht habe, ob dem so gewesen ist -vorstellen kann ich es mir sehr gut-, sind mir die Hände gebunden. Schade, schade.

In der selben Abteilung des Gerichts hat sich ein Vater mich als Verteidiger ausgesucht und sein Sohn meinen Sozius. Es ging um die selbe Sache. Ich wurde von dem Erwachsenengericht auch antragsgemäß beigeordnet. Auf den Antrag, den Kollegen als Pflichtverteidiger des Sohns beizuordnen, kam dann der -überraschende- Beschluß: „Der Antrag wird abgelehnt. Nicht RA S (mein Sozius), sondern RA M (der mit der Sache rein gar nichts zu tun hat) wird beigeordnet. Außerdem werden beiden(!) Eltern die Elternrechte in dem Verfahren entzogen.“ Begründung sei, dass beide Anwälte in der selben Kanzlei tätig und somit Interessenskonflikte vorprogrammiert seien.

Grober Unfug und längst höchstrichterlich ausdiskutiert. Und zudem eigentlich eine Unverschämtheit, weil wieder der Versuch, unsere Arbeit nicht im Gerichtssaal haben zu wollen. Mit dem Trick, den Eltern die Rechte zu entziehen, wird zudem noch eins draufgesetzt, damit möglichst auch die Wahlverteidigung (also die aus eigener Tasche finanzierte) verhindert werden soll.

Zum Glück aber ein untauglicher Versuch, weil das Landgericht auf die Beschwerde deutliche Worte gefunden und den Beschluß in der Luft zerrissen hat. Jetzt verteidigen wir wieder beide und die Mutter darf selbstverständlich die Rechte ihres Sohnes wahrnehmen. Auch der Kollege M freut sich, weil er nichts tun musste und trotzdem Geld aus der Staatskasse verdient hat. Das spart sich die Justiz dann an anderer Stelle, wenn wieder Beratungshilfeanträge aus nichtigen Gründen abgelehnt werden.