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Wenn wir schon nicht den Täter haben…

By 6. Mai 2011Allgemein

Der Mandant war Stammkunde in der Tankstelle, kaufte dort immer wieder abends ein, er wohnt auch nebenan. Nun war er eines Tages wieder dort. Während seines Einkaufs bimmelte im hinteren Bereich die Alarmanlage. Jemand hat dort im Ergebnis erfolglos versucht, an die Zigarettenstangen im Lager zu gelangen. Der Täter flüchtete, mein Mandant ging gleichzeitig auch.

Nun nahm die Polizei an, beide -Täter und Mandant- hätten gemeinsame Sache gemacht. Liegt ja auch nahe. Undeutsches Aussehen reicht manchmal schon, um in Verdacht zu geraten. Ansonsten sprach nichts dafür. Außer dem Umstand, dass der Mandant eben im Verkaufsraum war. Die Polizei interpretierte den Einkauf als „Ablenken des Kassierers“.

Nach den beiden wurde „groß“ gefahndet. Die Bilder wurden in der Lokalpresse veröffentlicht, wodurch zumindest mein Mandant erkannt wurde. Tatsächlich übernahm die Staatsanwaltschaft den Unsinn der Polizei und klagte an. „Versuchter schwerer Diebstahl in Mittäterschaft.“ Man glaubt es kaum. Mal wieder nicht. Man könnte ganze Blogs füllen mit solchen Geschichten 😉

In der Hauptverhandlung wurde der Kassierer vernommen, der den Mandanten als Stammkunde identifizierte und sagte, seiner Meinung nach habe der Mandant nichts mit dem Diebstahl zu tun. Er sei zwar recht schnell nach dem Anspringen der Alarmanlage gegangen (was ja mal per se nicht verboten ist), aber das war es dann auch. Er könne nicht mit Gewißheit sagen, dass der Mandant damit etwas zu tun habe.

Damit war der Zeuge im Ergebnis schlauer als die Polizei und die Staatsanwaltschaft. Zum Glück hat das Gericht die Kurve gekriegt und kein Fehlurteil gefällt. Freispruch.

Beim nächsten Besuch einer Tankstelle also bitte erst schauen, ob kein Dieb in der Nähe ist. Sonst endet man schneller als gedacht auf der Anklagebank.