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Mollath und die anderen

By 6. August 2013Allgemein

Die juristische Breaking News des Tages: Gustl Mollath ist entlassen worden. Das OLG Nürnberg hat den zuvor ergangenen negativen Beschluss des Landgerichts Regensburg kassiert. In den juristischen Kommentaren ist jetzt oft die Rede davon, dass der (frühe) Zeitpunkt überraschend war, datiert die Ausgangsentscheidung doch erst von vor 14 Tagen. Aber nun – binnen 3 Tagen ist eine Beschwerde dem nächst höheren Gericht vorzulegen und wenn man sich nur Mühe gibt, kann man auch sich auch von dicken Akten schnell ein Bild machen. Man muss es nur wollen. Was das ganze für ein Bild auf die am Landgericht Regensburg zuständigen Entscheider wirft, ist auch klar. Mehrere Monate hat man an der Akte gesessen oder auch nicht, um dann eine Entscheidung zu treffen, die binnen 2 Wochen null und nichtig geschrieben wird. Das OLG hat sich exakt einen Punkt rausgesucht, nämlich ein mit zur damaligen Verurteilung führendes Attest, welches nicht vom Arzt selbst unterzeichnet wurde. Damit läge eine „unechte Urkunde“ vor, die wiederum die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertige, unabhängig vom Vorliegen weiterer (und es sind etliche Gründe angeführt worden) Wiederaufnahmegründe.

Das ist gut für Mollath. Bis zur Entscheidung über sein neues Verfahren ist er ein freier Mann. Das OLG hat die Sache nun an Regensburg zurückverwiesen, allerdings -und das ist insoweit nicht unbedingt die Regel- an andere Richter des Landgerichts. In Revisionen wird es immer so gemacht, bei aufgehobenen Beschlüssen ist es eher unüblich. Man will sehr bewusst Feuer aus der Sache nehmen – gut so.

Nun kann man zwei Hoffnungen an diese Entscheidung knüpfen:

1. Man muss hoffen, dass Mollath gut beraten ist und sich nicht sofort an die Kerners, Beckmanns und Lanzs dieses Landes verkauft und durch die Talkshows tingelt. Das wäre nicht gut für ihn. Andererseits wird er Geld brauchen, somit befindet er sich sicherlich in einer verzwickten Situation. Ergo ist es zu hoffen, dass er dieser Versuchung wiedersteht.

2. In diesem Land sind noch eine Menge anderer Menschen nach § 63 StGB in geschlossenen, psychiatrischen Anstalten untergebracht. Einige davon sitzen ebenfalls zu Unrecht und haben nicht die geballte Mollath-Lobby hinter sich. Wenn Mollath diese Fürsprecher, insbesondere die Süddeutsche Zeitung, nicht hinter sich gewusst hätte, dann wäre seine Sache möglicherweise so wie bei vielen anderen ausgegangen – „Antrag abgelehnt, Beschwerde abgelehnt, kommen Sie zur nächsten Ablehnung im nächsten Jahr wieder vorbei.“ Ganz deutlich: Es ist ihm zu gönnen. Und leider kann die SZ nicht auch in jedem anderen Fall den Job der Justiz übernehmen, an der sich zahlreiche engagierte VerteidigerInnen gemeinsam mit ihren Mandanten ohne öffentliche Fürsprache seit Jahren die Zähne ausbeißen. Es wäre schön, wenn durch die Causa Mollath ein etwas anderes Bewußtsein in die Köpfe der Entscheider (RichterInnen, GutachterInnen) gelangen würde. Allein, mir fehlt daran etwas der Glaube.