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Hochfrequente Strafbarkeit

By 15. August 2011Allgemein

Am vergangenen Wochenende kam es im Bundesligaspiel Hoffenheim gegen Dortmund zum Einsatz von Hochfrequenzschallgeräten. Den Hoffenheimern war es ein Dorn im Auge, dass die Dortmunder beleidigende Schlachtrufe gegen deren Mäzen Hopp absonderten. Diese Rufe und begleitenden Transparente waren schon in den letzten zwei Saisons jeweils ein großes Thema. Diesmal wollte man sich bei Hoffenheim wappnen und schlug zurück. Bei jedem neuen Gesang, der nicht ins Konzept passte, sollte das Hochfrequenzgerät angeschmissen worden sein. Ein guter Bericht zu den Vorkommnissen befindet sich in der Süddeutschen.

Ist das Handeln der Hoffenheimer nun strafbar?

Ich meine, dass man dies im Ergebnis bejahen kann. Es kommt allerdings entscheidend darauf an, wie dieses Schallgerät konzipiert war. Die vornehmste Aufgabe der Ermittlungsbehörden sollte also die Suche nach diesem Teil sein inklusive Hausdurchsuchung sowie Beschlagnahme.

Denn in objektiver Hinsicht muss man wohl davon ausgehen, dass das Schallgerät dazu geeignet ist, Verletzungen hervorzurufen. Jedenfalls dann, wenn die Behauptung des Dortmunders stimmt, der die Strafanzeige erstattet hat und der seit dem Einsatz unter einem Tinnitus leidet. Man stelle sich zum Vergleich die guten, alten Gaströten aus den 1980er Jahren vor, die -gegen ein Ohr gehalten- ohne weiteres eine schwere Verletzung hätten hervorrufen können. Wenn also die Verletzung auf dem Einsatz beruht (und nicht etwa eine Vorerkrankung ursächlich war), dann wird man von einer objektiven Körperverletzung ausgehen können. Letztlich wird ein Sachverständiger die Antwort liefern müssen, ob der Einsatz des Geräts die behauptete Verletzung hervorgerufen hat.

Je nachdem, wie das Gerät konzipiert ist, könnte auch eine „gefährliche Körperverletzung“ vorliegen. Das nicht ohne weiteres, denn das Schallgerät wäre nur dann ein „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des § 224 StGB, wenn es seiner Art nach geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen. Da kommt es halt drauf an. Wenn es „nur“ geeignet ist, einen kurzen Tinnitus zu verursachen, dann liegt eine gefährliche Körperverletzung eher fern, bei einem dauerhaften Tinnitus muss man aber wohl auch davon ausgehen.

Nötigung kommt im übrigen auch noch in Betracht, da der Einsatz wohl dazu dienen sollte, dass man aufhört zu singen. Diese Relation erscheint mir jedenfalls bedenklich.

Liegt Vorsatz vor? Ich meine ja. Zumindest wird man billigend in Kauf genommen haben, dass Verletzungen die Folge des Einsatzes sein könnten, womit wir im Vorsatzbereich sind. Aus meiner Sicht ganz klar dafür spricht der Umstand, dass die „Bediensteten“ des Geräts mit Schallschutzkopfhörern wie auf einer Baustelle ausgerüstet waren, so wie es in dem Artikel der SZ heisst. Man wusste oder ahnte also, was damit ausgelöst werden konnte.

Rechtfertigung? Nein. Notwehr gegen Beleidigungen der Dortmunder gegenüber Hopp werden keine Körperverletzungen rechtfertigen.

Fragt sich nur noch, wer als Täter und Teilnehmer in Betracht kommt. Neben denen, die das Gerät bedient haben, kommen zumindest theoretisch auch die in Betracht, die das ganze in Auftrag gegeben haben. Die Behauptung der Hoffenheimer Vereinsführung, mit der Sache nichts zu tun gehabt zu haben, können die auch dem Sandmännchen erzählen. Im Innenraum positioniert, von Ordnern geduldet, wenn nicht gar betrieben, am Strom des Stadions hängend – da spricht arg viel dafür, dass hier ein Befehl von oben kam.

Im Fazit gehe ich also grundsätzlich von strafbaren Verhalten aus, wenn die Behauptung des Dortmunders zutrifft, seit dem Ereignis unter einem Tinnitus zu leiden. Ob das so ist, wird relativ leicht von einem Sachverständigen geprüft werden können. Je nach Beschaffenheit des Geräts könnte sogar von einer gefährlichen Körperverletzung ausgegangen werden, wonach das aber schon eher zweifelhaft ist.

Moralisch ist das ganze natürlich auch ein starkes Stück. Man mag von den Dortmundern und ihren verbalen und graphischen Attacken gegen Hopp ja halten, was man will, aber eine -körperliche- Retourkutsche dieser Art, schon gar den ganzen Fanblock in Sippenhaft nehmend, hat schon einen ganz üblen Geschmack. Ich will schwer hoffen, dass nicht nur die Staatsanwaltschaft den Fall ohne falsche Bescheidenheit vor der Personalie Hopp ordentlich untersucht, sondern auch die DFL sich dieses Themas annimmt. Ich habe jedenfalls keine Lust, wenn ich mit meinen Schalkern nach Hoffenheim fahre und anschließend zum Ohrenarzt muss, nur weil ein Verein meint, man müsse Fankultur, die einem selbst nicht passt, perfide gewaltsam unterdrücken.